Die Bergknapp- und Brüderschaft Oberscheibe/Scheibenberg e. V. stellt sich vor:
Das zweite Berggeschrei im Erzgebirge, etwa 1512, erreichte auch die Gegend zwischen Schwarzenberg und Annaberg. Berglaute aus dem Harz und Thüringen zog es an. Sie fanden zunächst Unterkunft in dem Dorf Scheibe, ca. einen Kilometer westlich der heutigen Bergstadt Scheibenberg, und in den Brünlasgütern in Richtung Elterlein. Da die Unterkünfte nicht mehr ausreichten, sahen sich die Landesherren, die Grafen Ernst und Wolf von Schönburg, veranlasst, eine neue Ansiedlung zu gründen. Unterhalb des gleichnamigen Berges erhielt der Ort bereits nach kurzer Zeit das Stadtrecht und so entstand die Bergstadt Scheibenberg. Die Bergleute brachten die Begriffe Knappschaft und Bergbrüderschaft mit, und so kam es etwa ein Jahr nach der Stadtgründung, 1523, zur Gründung der Scheibenberger Bergknapp- und Brüderschaft. Diese existierte bis nach dem 2. Weltkrieg.
Bereits 1531 erhielt Scheibenberg die Bergfreiheit und ein eigenes Bergamt unter der Leitung eines Bergmeisters. Das Bergamt war für die Region von Grünhain, Rittersgrün bis nach Oberwiesenthal zuständig und bestand 107 Jahre.
Viele Knappschaften lösten sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus vielerlei Gründen auf, nur einige bestanden ohne Unterbrechung in den 40 Jahren DDR weiter.
Nach der Wiedervereinigung gründeten sich viele Knappschaften erneut. Eberhard Wagner, gebürtiger Scheibenberger und 40 Jahre in einem bergmännischen Betrieb tätig, lag es am Herzen, auch in der Bergstadt Scheibenberg die alten Bergbautraditionen wieder aufleben zu lassen. Nach einem Aufruf in der Presse meldete sich eine Handvoll Bürger, zum Teil ehemalige Wismut-Angehörige, aber auch Einwohner, welchen die Traditionen und die Brauchtumspflege etwas bedeuteten. Zunächst traf man sich in legerer Runde zu Vorgesprächen, um dann ein Arbeitsprogramm festzulegen: Erstellung einer Satzung, Beitragsordnung, notarielle und gerichtliche Bestätigung der Satzung und Eintrag in das Vereinsregister u. v. m. Als Datum der Wiedergründung des Vereins wurde der 22. Juli 2000 festgelegt. Die Begründung: einst wurde auch in Scheibenberg der 22. Juli als Bergstreittag begangen und lag im Jahr 2000 auf einem Sonnabend.
10 Uhr läutete die Häuerglocke vom Turm der St. Johanniskirche, welche in der Laterne des Turmes hängt. Sie wurde 1522 in Chemnitz gegossen und von Bergleuten finanziert. Im Ratssaal der Stadt fanden sich Bergleute aus den Nachbarorten, geladene und interessierte Bürger ein und füllten ihn bis auf den letzten Platz. Der bis heute 1. Vorsitzende Eberhard Wagner dankte in seiner Festansprache für alle entgegengebrachten Glück- und Segenswünsche und finanzielle Zuwendungen an die wiedergegründete Knappschaft. Ein Höhepunkt war die Übergabe der Scheibenberger Traditionsfahne von der Knappschaft Rittersgrün, welche bis zu diesem Zeitpunkt in deren Besitz war und zu Paraden mitgeführt wurde. Das Original dieser Fahne, deren Weihe 1836 stattfand, befindet sich im Museum in Schwarzenberg. Mit einem von der Stadt organisierten und finanzierten Bergmannsschmaus wurde die feierliche Zeremonie der Wiedergründung beendet.
Der doppelte Ortsname im Vereinsnamen liegt darin begründet, dass bereits im Jahr 1478 in Oberscheibe Brauneisenstein abgebaut wurde und 1994 als Ortsteil von Scheibenberg eingemeindet worden ist. Auch eine Berglade aus dem 19. Jahrhundert wurde der Knappschaft wieder übergeben; sie befand sich im Kalkwerkmuseum in Lengefeld. Somit sind alle wichtigen und kostbaren ehemaligen Eigentümer wieder im Besitz unserer Knappschaft.
2001 wurde dem Antrag auf Aufnahme in den Bergmanns-, Hütten und Knappenverein vom sächsischen Landesverband stattgegeben.
Seitdem nimmt unsere Bergknapp- und Brüderschaft an Paraden zu Jubiläen bei benachbarten Knappschaften und bei Stadtfesten auf Einladungen teil. Auch an gesamtdeutschen Bergmanns-, Hütten- und Knappentagen sind wir präsent. Besondere Höhepunkte sind natürlich die vorweihnachtlichen Paraden in unserer erzgebirgischen Heimat mit der großen Abschlussparade am 4. Advent in Annaberg-Buchholz.
Ein fast längst vergessener Stollen wurde in vielen ehrenamtlichen Stunden wieder aufgewältigt und wird von einer Gruppe Mitgliedern, die sich dem Altbergbau widmen, betreut. Es handelt sich um den Salomonisstollen, welcher horizontal bis unter den Scheibenberg in vergangener Zeit aufgeschlägelt wurde. Es ist kein Besucherbergwerk, sondern soll nur an den Siberbergbau erinnern. Der Stollen ist integriert in den Basaltlehrpfad der Stadt Scheibenberg.
Unsere Knappschaft hält im Jahr vier Quartale ab:
Das 1. Quartal Reminiszere beinhaltet die Rechenschaftslegung des vergangenen Jahres und die Vorschau auf die bereits feststehenden Termine des laufenden Jahres.
Zum 2. Quartal Trinitatis findet meistens ein geselliges Treffen in der nähren Umgebung statt.
Das 3. Quartal Crucis wird mit Berichten über frühere bergmännische Aktivitäten in der Region bereichert, z. B auch über die „Wismut-Zeit“ oder man trifft sich zu einer Buchlesung mit bergmännischem Hintergrund deren Autoren aus dem Erzgebirge.
Nachdem nun alle Aktivitäten, Bergaufzüge und -paraden beendet und Weihnachten feierlich begangen wurde, ist Zeit für das 4. Quartal Luciae. Dies wird mit der Mettenschicht gefeiert. Mit Unterstützung des Posaunenchores, einer bergmännischen Andacht des Ortspfarrers und gemütlichem Beisammensein wird mit Bergbier und Bergschmaus geht das alte Jahr zu Ende.
Zu Beginn des neuen Jahres, am 6. Januar (Hohneujahr oder Dreikönigsfest war früher ein Feiertag der Bergleute) findet seit 2006 ein bergmännisches Krippenspiel in erzgebirgischer Mundart (bearbeitet von Bergbruder Johannes Langer) statt, welches großen Anklang in der Umgebung findet.
So füllen die Aktivitäten unserer Knappschaft das Jahr aus, deren Stärke zur Zeit 52 Mitglieder beträgt, darunter 24 Trachtenträger.
Allen Leserinnen und Lesern gilt ein fröhliches „GLÜCK AUF“ der Scheibenberger Knappschaft und eine herzliche Einladung ins Erzgebirge.
Eberhard Wagner
1. Vorsitzender
(aus dem Archiv von Johannes Langer)